Willkommen in NOLA, wie man hier kurz zu New Orleans sagt. Mein Name ist Britta Schmedemann und ich nehme Sie mit auf meine Vortragsreise zur ALA Annual, einer der größten Bibliothekskonferenzen mit ca. 20.000 Teilnehmenden. Bevor es morgen offiziell losgeht, schauen wir uns doch erst einmal die Stadt an und finden heraus, was eigentlich po-boys sind…
Der Jetlag treibt mich um 7 Uhr Ortszeit aus dem Hotelzimmer. Trotz der frühen Zeit laufe ich draußen gegen eine Hitzewand aus 28Grad Celsius, im Laufe des Tages klettert die Temperatur weiter auf 33Grad verbunden mit einer enormen Luftfeuchtigkeit. Obwohl ich aus einem sommerlich-warmen Bremen aufgebrochen bin, ist dieses Klima eine echte Herausforderung – aber der nahe gelegene Golf von Mexiko sorgt immer wieder für eine angenehme Brise. Wenn das nicht reicht, gibt’s eine speed-Abkühlung sobald man das nächste Geschäft betritt, wo einen sofort frostige 18Grad erwarten.
N’awlins, wie New Orleans auch liebevoll genannt wird, war schon immer eine Stadt mit vielen Kulturen. Über den Mississippi kamen hier Natives, Franzosen, Spanier, Afrikaner, Engländer, Juden, Italiener, Deutsche und Iren zusammen. Dieser Schmelztiegel prägt die Stadt bis heute. Natürlich auch kulinarisch mit einem Mix aus Cajun- und kreolischer Küche, für die sich heute der Begriff Soul-Food etabliert hat: Spezialitäten sind die vielen Varianten von po-boys (Sandwiches), Reisgerichte mit Scampi Hühnchen und Wurst, Schildkrötensuppe, Krokodilfleisch und nicht zu vergessen der allgegenwärtige Grits (Maisgrütze), den es sogar zum Frühstück immer als Beilage gibt. Und OMG (oh my god!) sind die Portionen hier riesig!
Gleichzeitig bin ich schockiert über die sichtbare Armut: Obdachlose schlafen in den frühen Morgenstunden im benachbarten Park mitten auf den Gehwegen, als wären sie bei Sonnenuntergang dort versteinert. Tagsüber wühlen sie in den großen schwarzen Mülleimern – nicht etwa auf der Suche nach Flaschenpfand (den gibt es in den USA nicht), sondern nach eisgekühlten Getränkeresten, die die Touris wegwerfen. Dennoch begegne ich den ganzen Tag über keinen Bettlern, stattdessen aber einer Fülle an Kreativität, um dennoch auf der Straße etwas Kleingeld zu verdienen. So zum Beispiel Vater und Sohn, die auf umgedrehten Plastikeimern trommeln während in den Bars die Jazz-Bands spielen.
Unsere Gastrednerin auf dem Bibliothekartag in Berlin kam aus Chicago. Begeistert schwärmte sie davon, dass NOLA eine 24-stündige Dauerparty sei. Flüsternd und etwas beschämt fügte sie dann noch hinzu, dass es dort aber auch offene Prostitution gäbe. Und tatsächlich wirkt die Bourbonstreet, die große Vergnügungsstraße, wie eine Mischung aus Hamburger Reeperbahn und Jazzmeile. Die Bars haben sich ihren traditionellen Flair bewahrt, auch wenn sie heute Drinks wie Brain-Freezer und Handgranate anbieten.
Nun bin ich gespannt, ob und wie sich dieses kosmopolitische Flair, die omnipräsente Musik und der Mix aus Historie und Moderne auch auf der amerikanischen Bibliotheks-Konferenz wiederfinden.

Ihm wurden in der Stadt zahlreiche Denkmäler gesetzt.

Sie sind gleichzeitig nostalgische Oldtimer und alltägliche Transportmittel. Laut DK-Reiseführer war es diese Art Straßenbahn, die Tennessee Williams zu seinem Drama „A streetcar named desire“ (Endstation Sehnsucht) inspirierte.

In dieser Bar bestehen die Wände aus unzähligen Business-Cards aller Gäste – das erhöht doch gleich die Blind-date-Rate ungemein.

Vater und Sohn trommeln auf Plastikeimern vor den Bars der Bourbonstreet

Im French-Quarter sind viele historische Häuser erhalten, teilweise sind sie 150 Jahre und älter – eine echte Seltenheit für amerikanische Städte.

Auch Voodoo gehört zum traditionellen Erbe und prägt nicht nur in den touristischen Gegenden das Stadtbild.